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Pflegekinder:

Das Schmetterlingsmodell

Im Zentrum steht das Kindeswohl

Nach schweizerischem Recht sind Eltern verpflichtet, sich um das Wohl ihrer Kinder zu kümmern. Diese gesetzlich verankerte elterliche Verantwortung beinhaltet die Sorge für das Kind im leiblichen, sozialen, finanziellen und rechtlichen Bereich. Sind Eltern nicht in der Lage diese Verantwortung wahrzunehmen, gilt es, nach anderen Möglichkeiten zu suchen. Ordnet eine Kindesschutzbehörde eine Fremdplatzierung an, wird das Kind mit einem neuen Umfeld konfrontiert. Von nun an sind mehrere Instanzen für das Kindeswohl verantwortlich. Die Art, wie sie zusammenarbeiten, beeinflusst die Befindlichkeit und die Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes entscheidend. Das Jugendhilfe-Netzwerk Integration nutzt das Bild eines Schmetterlings als Symbol, um die Verantwortlichkeiten der einzelnen Kooperationspartner und deren Beziehung zueinander darzustellen. Dieses Schmetterlingsmodell zeigt auf, wie wichtig es ist, dass alle beteiligten Instanzen zusammenarbeiten.

Schmetterlingsmodell | optimale Pflegekindersituation

Modell einer optimalen Pflegekindersituation: Die Flügel des Schmetterlings schwingen im Gleichschlag.

Schmetterlingsmodell | Pflegekindersituation mit Störfaktoren

Modell einer Pflegekindersituation mit Störfaktoren der einzelnen involvierten Bereiche, die sich negativ auf die Entwicklung eines Kindes auswirken können.

Die vier Flügel

Jeder Flügel des Schmetterlings steht für eine der vier «Elternschaften», die für ein Pflegekind zuständig sind:

  • Die leiblichen Eltern (Mutter und Vater)
  • Die sozialen Eltern (Pflegefamilie)
  • Die finanzierenden Eltern
    (Sozialdienst, Beistand, Gemeindebehörde)
  • Die gesetzlichen Eltern
    (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde)

Trotz seiner Feingliedrigkeit und Fragilität ist der Schmetterling ein Lebewesen mit enormer Widerstandskraft. «Auch Pflegekinder sind sensible Wesen», weiss Ruth Staub aus ihren Erfahrungen, die sie bei der Biografiearbeit mit Pflegekindern im Jugendhilfe-Netzwerk Integration machte. «Ihre Lebenssituation ist oftmals sehr zerbrechlich.» Ähnlich wie beim Schmetterling zeigt sich aber immer wieder, mit welch unglaublicher Stärke und enormem Willen Pflegekinder die Herausforderungen ihrer komplexen Lebensbedingungen meistern, wenn das Umfeld unterstützend wirkt.

Ihr Wohlergehen ist davon abhängig, dass die verschiedenen Systeme analog der vier Flügel eines Schmetterlings miteinander kooperieren. Denn: Um fliegen zu können, braucht der Schmetterling vier intakte Flügel. Schlagen sie synchron, kann er unglaubliche Turbulenzen bewältigen. Übertragen auf die Situation eines Pflegekindes bedeutet dies: Wie der Körper eines Schmetterlings, steht das Kindeswohl im Zentrum. Das Wohlergehen eines Kindes ist abhängig davon, dass die vier Flügel optimal zusammenspielen. In einer Pflegekindersituation ist das nicht immer einfach. Das Schmetterlingsmodell macht begreifbar, welche Kräfte auf ein Kind einwirken, wenn die vier Elternschaften schlecht zusammenarbeiten. «Wenn ein Flügel nicht schlägt, stürzt der Schmetterling ab», sagt der Verwaltungsratspräsident des Jugendhilfe-Netzwerks Marc Baumeler. Er verweist auf die Folgen einer solchen Situation: «Solange nicht alle Flügel einigermassen gleichmässig schlagen, hat ein Kind beeinträchtigte Entwicklungsvoraussetzungen.» Dies gilt es zu verändern. Das Modell des Schmetterlings zeigt auf, wo Handlungsbedarf besteht.

Eine gemeinsame Sprache finden

Dank des Schmetterlingsmodells lässt sich die anspruchsvolle und komplexe Lebenssituation eines Pflegekindes besser verstehen und verständlich darlegen. Das Ursprungsmodell stammt von den beiden Autorinnen Birgit Lattschar und Irmelda Wiemann. Urs Kaltenrieder bezeichnet das Schmetterlingsmodell als wichtige Metapher. Kennen gelernt hat der Gründer des Jugendhilfe-Netzwerks das Modell im Rahmen eines Ausbildungsseminars von Irmela Wiemann für Biografiearbeit, das er gemeinsam mit Ruth Staub besuchte. Das Jugendhilfe-Netzwerk Integration entwickelte es 2009 weiter und passte es speziell auf die Pflegekindersituation an. Das Modell steht für die systemische Sichtweise im Jugendhilfe-Netzwerk. Es beinhalte einen praktischen Ansatz, um Sachverhalte zu reflektieren und helfe, wichtige Themen und Anliegen im Gespräch mit Vertretern der verschiedenen Elternschaften aufzugreifen, betont Urs Kaltenrieder.

Eine wichtige Rolle spielt das Schmetterlingsmodell heute zum Beispiel bei Standortgesprächen und Koordinationssitzungen.
Es dient als Erklärungsmodell für die komplexen Lebensbedingungen eines Pflegekindes und ermöglicht herauszufinden, ob und wie die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Kooperationspartnern im konkreten Fall gestaltet werden kann. Dabei gehe es letztlich oft um die Frage, ob eine gemeinsame Sprache gefunden werden könne, sagt Susanne Frutig, die als Gründerin des Jugendhilfe-Netzwerks tätig war. Denn diese sei eine wesentliche Grundlage für eine konstruktive Arbeitsgemeinschaft zum Wohl eines Pflegekindes.

Quellennachweis zum Schmetterlingsmodell: Grundlagen und Praxis der Biografiearbeit Birgit Lattschar und Irmela Wiemann

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